Im vierten Jahr durften wir wieder Gastgeber sein. Nachdem wir 2023 eine Gruppe von 15 deutschen und 15 französischen Jugendlichen in unserem Jugendzentrum empfangen haben, wollten wir diesmal auch den deutschen Teilnehmenden ab 12 Jahren ein Abenteuer bieten und mieteten eine sehr günstige Unterkunft der Pfadfinder des Stammes Folke-Bernadotte in Bergisch Gladbach bei Köln. Die Region bietet viele Möglichkeiten für ein abwechslungsreiches Programm und ist für Jugendliche beider Länder gut mit dem Zug zu erreichen. Das ist nicht nur umweltfreundlich, sondern auch deutlich günstiger als zwei Reisebusse. Die ganze Gruppe konnte sich dann auch gemeinsam mit dem ÖPNV zu den geplanten Aktivitäten bewegen, was eine enorme Verbesserung zu den letzten Jahren darstellte.
Die Herberge bot mit ihren 40 Plätzen eigentlich ausreichend Raum für die 33 Teilnehmenden. Durch kreative Lösungen und flexible Nutzung der vorhandenen Räume – wie die Umgestaltung des großen Gruppenraums als Schlafplatz für die Begleiterinnen und die geschickte Aufteilung der Schlafbereiche – konnte für alle, wenn auch mit ein bisschen weniger Komfort als im eigenen Bett, ein Platz gefunden werden.
Dank eines guten Teamworks und der Improvisationsfähigkeit der Gruppe, konnten die in der Einrichtung nicht verfügbaren Duschen binnen kürzester Zeit durch eine eigene Lösung kompensiert werden:
Am ersten Tag fuhr Tessa Pickert, die das Projekt bereits im vierten Jahr begleitet, mit einem Teilnehmer zum örtlichen Wasserversorger, um sich ein Standrohr und einen Hydrantenschlüssel zu leihen. Am zweiten Tag wurde ein Duschanhänger mit zwei Duschen und zwei zusätzlichen Toiletten geliefert. Der Teilnehmer, der sich auch bei der Jugendfeuerwehr engagiert, erwies sich als enorme Hilfe. Wir erfuhren, dass die Distanz zum nächsten Hydranten ca. 200m beträgt. So liehen wir noch 250m C-Schlauch bei der Freiwilligen Feuerwehr Bergisch Gladbach und legten selbigen auf abenteuerliche Weise durch das Gestrüpp. Dann hatten wir allerdings einen Komfort, der das Zuhause einiger Jugendlicher und Erwachsener in den Schatten stellte.
Mit jedem Tag, der verging, öffneten sich die Jugendlichen mehr, gewöhnten sich an die Abläufe, boten Hilfe an und waren trotz Müdigkeit und mangelnder Rückzugsräume mit Spaß und Motivation bei der Sache. Natürlich gab es Krisen und Konflikte und natürlich fielen geplante und vorbereitete Programmpunkte deren Klärung zum Opfer. Doch wir durften Fortschritte und Erfolge bei jeder einzelnen Person beobachten, begleiten und erlebten gemeinsam viele bereichernde und schöne Momente. Valentina Melega, studierende Mitarbeiterin im Jugendzentrum, war dabei eine enorme Bereicherung, da sie trotz ihres jungen Alters mit Geduld, Kompetenz und der nötigen Autorität die Jugendlichen an die Hand nahm und bis spät in die Nacht durch ihre Krisen und Höhenflüge begleitete. Wenn die Jugendlichen sich frei in Kleingruppen bewegten, wurde darauf geachtet, dass deutsche und französische Jugendliche gemeinsam unterwegs waren und so ein reger Austausch untereinander stattfand. Am ersten Tag wurde das Camp eingerichtet und der angrenzende Bolzplatz unsicher gemacht. Am zweiten Tag erkundeten die Teilnehmenden selbstständig Bergisch Gladbach und hatten die Aufgabe, fremde Menschen anzusprechen und eine Kartoffel gegen höherwertige Gegenstände zu tauschen. Am dritten Tag trauten wir uns dann zum ersten Mal nach Köln. Auch für die Kinder und Jugendlichen aus Großostheim war es zum Teil der erste Besuch einer Millionenmetropole und viele hatten danach großen Redebedarf, um ihre Eindrücke zu verarbeiten. Eine Domführung war natürlich Pflichtprogramm, danach wurde geshoppt. Am vierten Tag fuhren wir mit dem Bus auf´s Land, um uns in einem Kletterwald zu verausgaben und das Stresslevel ein wenig zu reduzieren. Danach waren wir bereit, ein zweites Mal nach Köln zu fahren. Diesmal besuchten wir das Duftmuseum und aßen Hotdogs am Rheinufer.
Am letzten Tag stand Demokratiebildung auf der Tagesordnung und wir ließen die Teilnehmenden mit Sprühdose und Marker Wahlplakate erstellen, auf denen sie ihr Programm für Projekte dieser Art, für Europa, für die Zukunft oder für die deutsch-französischen Beziehungen abbilden und die Kompetenzen, die sie dafür einbringen, darstellen konnten. Dazu gab es die ganze Woche täglich Versammlungen und Sprachanimation und das Ziel, einen Einstieg in die jeweils andere Sprache zu ermöglichen und Interesse an der anderen Kultur zu wecken, wurde erreicht.